Haushaltsrede der Grünen in Lengerich

Haushalt 2025

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren des Rates,
liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

im Namen der Grünen Fraktion möchte ich heute den Haushaltsplan 2025 für Lengerich aus unserer Perspektive beleuchten. Unser Ziel ist es, die Stadt auf einen zukunftsfähigen und verantwortungsvollen Kurs zu bringen – auch wenn der vorliegende Haushalt zahlreiche Herausforderungen mit sich bringt.

  1. Steigende Umlagen und Belastungen für den städtischen Haushalt

Eine der zentralen Herausforderungen für unsere Kommune sind die steigenden Umlagen. Die Kreisumlage und die Jugendamtsumlage sind ein großer Batzen. Das führt zu erheblichen Belastungen im kommunalen Haushalt. Gleichzeitig sorgt der Anstieg der Gewerbesteuereinnahmen zwar für zusätzliche Einnahmen, doch diese werden durch die höhere Gewerbesteuerumlage größtenteils wieder aufgezehrt. Das Ergebnis: Unsere finanziellen Spielräume werden immer enger, während die strukturellen Herausforderungen stetig zunehmen. Das zwingt uns, unnötige Ausgaben konsequent zu hinterfragen.

  1. Einfluss der weltpolitischen Entwicklungen

Auch die weltpolitischen Entwicklungen hinterlassen ihre Spuren auf kommunaler Ebene. Der Krieg in der Ukraine, die Energiekrise, die hohe Inflation, die Tarifsteigerungen – all das führt zu steigenden Kosten für Energie und Materialien und belastet unseren Haushalt erheblich. Gleichzeitig wachsen die sozialen Aufgaben, sei es durch steigende Wohn- und Lebenshaltungskosten und des dadurch bedingten Armutsrisikos oder durch die Unterstützung von geflüchteten Menschen oder aber auch durch das neue SGBVIII … das zahlreiche neue Aufgaben in der Kinder- und Jugendhilfe formuliert. In solchen Zeiten brauchen wir einen klaren, zukunftsorientierten Kurs, der Lengerich nicht nur durch die Krise steuert, sondern auch langfristig widerstandsfähig macht.

  1. Alarmierende Prognosen: Aufgebrauchte Rücklagen und Liquiditätsprobleme

Besonders beunruhigend ist die Prognose, dass unsere Ausgleichsrücklage bis 2026 vollständig aufgebraucht sein wird. Diese Rücklage ist unser finanzielles Polster, das uns bisher erlaubt hat, Krisen abzufedern und Defizite auszugleichen. Ohne dieses Polster wird die Stadt auf Dauer nicht handlungsfähig bleiben.

Reicht die Ausgleichsrücklage nicht aus, kommt es zu einer Verrechnung mit der allgemeinen Rücklage … Ich will an dieser Stelle nicht mit Zahlen jonglieren, nur so viel: Wenn wir keine Lösungsstrategien entwickeln, werden wir spätestens 2028 im HHSK landen.

  1. Verwaltung und Führung: Fokus auf Effizienz statt Repräsentation

Ein immer wiederkehrendes Thema sind und bleiben die Personalkosten. Jede neue oder ausgeweitete Personalstelle im Stellenplan ist natürlich für sich allein betrachtet gut begründbar und die dadurch entstehenden Mehrkosten sind plausibel erklärbar. Nichtsdestotrotz befinden wir uns in Summe in Schräglage: Jedes Jahr hier noch etwas mehr und da noch etwas mehr. Dabei machen oft nicht die Kosten, die durch Aufstockung von S8A-Stellen im OGS-Bereich oder die durch Erhöhung der Stundenanteile von Sekretärinnen in E5 oder E6 anfallen, den Kohl fett –das passiert an ganz anderen Stellen:

In Folge der Kommunalwahl 2015 wurde z.B. der Verwaltungsvorstand von drei auf fünf Personen erweitert und es wurde eine weitere Ebene der Geschäftsbereichsleitung eingezogen. Das führte zu zwei zusätzlichen A-13-Stellen … Dies hat zu erheblich steigenden Personalkosten geführt, ohne dass eine spürbare Effizienzsteigerung wahrzunehmen war. In diesem Kontext halten wir es für erforderlich, sich auf die Steuerung und strategische Neuausrichtung der Verwaltung zu konzentrieren. Der Verwaltungsvorstand darf keine überladene Kostenstruktur werden, sondern muss klar organisiert und effizient sein. Aus unserer Sicht wäre eine Umstrukturierung der Verwaltungsstrukturen dringend von Nöten. Die neuen Steuerungsmodelle in der öffentlichen Verwaltung reagieren auf die wachsenden Anforderungen und die Notwendigkeit, öffentliche Mittel optimal einzusetzen. Nur in Lengerich scheint man diese Modelle der Verwaltungsmodernisierung konsequent zu ignorieren! Anstatt z.B. auf flache Hierarchien zu setzten und Entscheidungsbefugnisse wieder auf die Fachdienstleiter-Ebene zu übertragen, wird in Lengerich hartnäckig an alten Verwaltungsstrukturen festgehalten. Die Antwort auf die Anforderungen an eine moderne Verwaltung ist nicht der konsequente Ausbau von Personalstellen!

  1. Positives: Konstruktives Miteinander der Fraktionen

Trotz der schwierigen Lage möchten wir die Zusammenarbeit im Rat loben. Die Fraktionen arbeiten sachlich, konstruktiv und an der Sache orientiert zusammen. Dieses Miteinander ist die Grundlage, um Lösungen für die vor uns liegenden Herausforderungen zu finden. Auch das Miteinander, der Umgangston und der Stil haben sich in den letzten Jahren sehr angenehm entwickelt und ermöglichen in der Regel ein lösungsorientiertes Miteinander. Im guten Miteinander konnten wir einiges bewegen, zum Beispiel

die gemeinsame Unterstützung des Mensavereins,
die Erarbeitung eines Integrationskonzeptes,
die Aufstellung des Bushaltestellenhauses am Feuerwehrplatz und einiges mehr.

  1. Unsere grüne Perspektive: Nachhaltigkeit als Kompass

Lengerich braucht eine klare und zukunftsorientierte Strategie. Wir Grünen stehen für nachhaltige, soziale und wirtschaftlich tragfähige Entscheidungen. Statt kurzfristiger Effekte setzen wir auf langfristige Lösungen für den Klimaschutz, die soziale Gerechtigkeit und die finanzielle Stabilität. Nur so können wir Lengerich auch in schwierigen Zeiten sicher steuern.

Leider finden unsere nachhaltigen Lösungsangebote nicht immer Gehör bei den anderen Fraktionen. Die zukunftsweisende Gestaltung eines autofreien Rathausplatzes konnten wir leider nicht umsetzten … Stadt mit Weitblick? Leider weit gefehlt!

Unsere Anträge zur sozial-ökologischen Quartiersentwicklung befinden sich noch in der Warteschleife … wir sind gespannt.

Bereits in der letzten HH-Rede haben wir kritisch formuliert, dass die Auswirkungen der Klimarelevanz in den Beschlussvorlagen unzureichend sind. Wir haben z.B. auf die Ausweisung der sog. „grauen Energie“ hingewiesen. Leider ist nichts passiert. Eine Einbindung der Klimamanagerin scheint nicht stattzufinden.

Und, erlauben Sie mir an dieser Stelle eine Anmerkung: Der Kollege Kuhn hat im letzten HFA sein Unverständnis hinsichtlich der Verwaltungshaltung zum Ausdruck gebracht. Wenn Politik immer wieder Hinweise auf Handlungserfordernisse formuliert, ist es schon verwunderlich, dass die Verwaltung, so denn ein konkreter Antrag auf dem Tisch liegt, irritiert, verwundert oder gar überfordert reagiert. Ich nehme diese Schleife, weil wir auf die Bedeutung der Klimarelevanz bereits seit mehreren Jahren hinweisen. Da sich nichts getan hat, werden wird im nächsten Jahr einen konkreten Antrag einbringen.

Die Einstellung eines Jugendkoordinators auf Antrag der CDU haben wir mitgetragen. Wie halten diese sozialpolitische Investition für präventiv und nachhaltig. Wir haben in den letzten Jahren die Probleme an der Pump Track beobachten müssen. Ggf. wäre die Situation vor Ort durch aufsuchende Sozialarbeit entschärft worden. Zukünftig werden wir an diesem Standort ebenfalls das Jugendzentrum und die Musikschule haben.

Wer sich in den Lengericher Sozialräumen etwas auskennt, wird ohne größere Anstrengungen Orte und Jugendliche ausmachen können, die mit Konzepten herkömmlicher Jugendarbeit nicht erreichbar sind. Das JZ leistet großartige Arbeit, kann aber auch nur im Rahmen ihrer personellen Ressourcen tätig werden. Aufsuchende Jugendarbeit zielt darauf ab, Jugendliche zu erreichen, bevor Probleme eskalieren … Insofern schließen wir eine Lücke im Versorgungssystem junger Menschen und das ist gut so.

Im Kontext „Sozialpolitik“ möchte ich betonen, dass wir Grünen die sozialpolitische Verantwortung der Verwaltung ausdrücklich zu schätzen wissen. Viele Maßnahmen werden zwar nicht kommunal bestimmt, aber in dem Rahmen, in dem Gestaltungsräume vorhanden sind, erleben wir die Verwaltung als konstruktiven Partner: Das Engagement bei der Entwicklung des Integrationskonzeptes oder bei der Implementierung des Inklusionsbeirates war hervorragend. Auch andere Mittel, wie Zuschüsse für Vereine oder Verbände standen im Rahmen der Haushaltsaufstellung nicht zur Disposition.

Leider, und das müssen wir an dieser Stelle kritisieren, ist die von uns in 2022 beantragte Spielleitplanung erneut aus dem Blick geraten, der Ansatz in den HH 2026 verschoben. Eine Erklärung dafür gibt es nicht.

Kommen wir jetzt zum Landschaftspark … Mal abgesehen vom nicht vorhandenen ökologischen Nutzen einer derartigen Gestaltung verschlingt die Umsetzung schlicht und ergreifend zu viel Geld. Geld das wir nicht haben oder an anderer Stelle dringender bräuchten. Ich möchte an dieser Stelle zwei Beispiele einbringen:

Da hätten wir zum einen den Jones-Garden: Mit viel Aufwand angelegt, sieht er nun aus wie ein verwaister Schrebergarten. Die regelmäßige Pflege stellt für das ehrenamtliche Projekt eine Überforderung dar. Der Jones Garden ist eine klitzekleine Fläche im Vergleich zum geplanten Landschaftspark. Wie viele Gärtner will die Stadt einstellen, um ihn in Stand zu halten?

Und zweitens der Baumwipfelpfad Bad Iburg: Ohne die enormen Finanzspritzen der Stadt würde er die Tourismus GmbH in die Insolvenz treiben.

Und ganz ehrlich: Wir haben doch einen beeindruckenden Landschaftspark vor unserer Haustür: Den Teutoburger Wald.

Ähnlich kritisch sehen wir weiterhin das Tourismuskonzept. Auch diese Kritik haben wir bereits im letzten Jahr formuliert.

Auch das Programm „Jung kauft Alt“ gehört aus unserer Sicht auf den Prüfstand.

Problematisch betrachten wir darüber hinaus, dass die Lengericher Marketing GmbH mit den Gesellschaftern WGL, Offensive, Bürgerstiftung Gempt und Stadtverwaltung für die Arbeit des Citymanagements bestimmend ist. Und das mit öffentlichen Geldern – halb Stadt, halb Land. Ebenso gehört die enorme Bezuschussung der Gempthalle im Rahmen der Produktkritik auf den Prüfstand. Hier geht es, und das ist uns wichtig, keinesfalls darum, die Gempthalle zu schließen! Gleichwohl ist es aus unserer Sicht aber erforderlich, die bestehenden Strukturen kritisch zu überprüfen.

Ich fasse zusammen:

Angesichts der alarmierenden Haushaltslage ist es unsere Pflicht, entschlossen zu handeln:

Projekte hinterfragen und Prioritäten setzen: Prestigeprojekte und unnötige Ausgaben dürfen keinen Platz mehr haben.
Strukturen überdenken: Die Verwaltung muss effizienter werden, um zukunftsfähig zu sein.
Zusammenarbeiten: Nur gemeinsam können wir Lengerich auf Kurs halten – mit klaren Prioritäten und nachhaltigen Entscheidungen.
Nachhaltig wirtschaften, damit wir trotz der Belastungen handlungsfähig bleiben und keine weiteren Schulden auf Kosten künftiger Generationen machen.

Abschluss: Ein klarer Kurs für Lengerich

Wir stehen vor großen Herausforderungen, aber wir haben auch die Chance, die richtigen Weichen zu stellen. Lengerich braucht keinen Glanz und Glitter in Form von überzogenen Projekten, keine Tourismuskonzepte wie Berlin oder Hamburg, sondern mehr Substanz statt Glanz … Also eine klare Strategie und den Mut, Verantwortung zu übernehmen und ggf. unbequeme Entscheidungen zu treffen.

Wir stehen weiterhin zur Verfügung, unsere Stadt zukunftssicher, gerecht und lebenswert zu gestalten – für uns und kommende Generationen.

Auch, wenn wir den uns vorliegenden Haushalt an vielen Stellen kritisch sehen, werden wir ihm zustimmen.

Wir werden weiterhin an sachorientierten Lösungen arbeiten und Angebote zur nachhaltigen Stadtentwicklung anbieten.

Unser Dank geht an dieser Stelle ausdrücklich noch einmal an Herrn Smolarz und seinem Team für die Erstellung des Haushalts und die geduldige Erläuterung des umfassenden Werkes.

Vielen Dank!

Bärbel Brengelmann-Teepe für Bündnis 90/Die Grünen

Lengerich, 19.12.2024