Grüne Haushaltsrede zum Haushalt 2023

Einband Haushalt 2023

Vorweg: Wir wissen um die vielfältige und umfangreiche Arbeit der Verwaltung in den letzten Jahren. Und deswegen auch unser Dank an die Verwaltung für ihren Einsatz und ihre Kooperation mit uns. Die sehr umfänglichen Informationen zum Kommunalprofil im Haushalts-Entwurf haben uns eine bessere Einschätzung unserer Situation im Vergleich zu anderen Kommunen ermöglicht!

Eine lebenswerte Zukunft für unsere Stadt

Wir leben in einer Zeit großer Unsicherheiten: eine Krise folgt der nächsten, verlässliche Prognosen sind fast unmöglich und politische Handlungsroutine fehlt. Wir als Politik müssen pragmatisch – im Sinne von kurzfristig und notwendig – und zugleich zukunftsorientiert – im Sinne von kreativ und nachhaltig – entscheiden und handeln. Und bei allen Krisen sollten wir den fortschreitenden Klimawandel nicht aus den Augen verlieren, denn er ist die größte Herausforderung und Bedrohung für uns und die ganze Welt!

Und trotz aller Widrigkeiten sind wir Grüne entschlossen, mit einer klaren Haltung in Bezug auf Klimaschutz und Gemeinsinn, mit der grundsätzlichen Bereitschaft zur Kooperation und mit kreativer Zuversicht eine lebenswerte Zukunft von Lengerich mit zu gestalten. Denn nur gemeinsam können wir Bewältigungsstrategien, Kompromisse und vielleicht auch Lösungen finden, die diese herausfordernde Wirklichkeit in eine lebenswerte Zukunft für unsere Stadt führt.

Der Lengericher Haushalt ist – wie in den meisten Kommunen – chronisch unterfinanziert, wir haben eine große Abhängigkeit von der konjunkturellen Lage (Gewerbesteuer), die Sozialaufwendungen steigen (Kreisumlage/Jugendamtsumlage) und die Energiekrise tut ihr Übriges dazu. Dadurch haben wir einen sehr kleinen Spielraum zur Haushaltskonsolidierung. Die bisherige buchhalterische Pflicht zur Isolierung der Mehraufwendungen wegen des Ukrainekrieges hilft uns nur zum Schein. Denn diese nicht finanzwirksamen außerordentlichen Erträge im Ergebnishaushalt von 2023 bis 2026 werden im Finanzhaushalt unsere Liquidität derartig sinken lassen, dass wir wahrscheinlich ab 2024 Kassenkredite aufnehmen müssen!

Und trotzdem planen wir für 2023 hohe Investitionen von 22,8 Mio €. Diese Investitionen in Kitas, Schulen, Bahnhofsvorplatz, Hallenbad und vieles mehr sind für die Zukunft unserer Stadt bedeutsam. Und wir haben schon viel geschaffen wie z.B. Innenstadtgestaltung, Gesamtschule, Kunstrasen, Tartanbahn, Pumptrack. Natürlich könnte manches besser sein, und auch Fehler passieren. Aber unser Blick sollte gerade in dieser Zeit auch auf die positive Haben-Seite gerichtet sein, ohne den Blick für das Machbare und Verantwortbare zu verlieren. Schon im letzten Jahr hat sich eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen allen politischen Fraktionen im Rat der Stadt Lengerich gezeigt. Dies unterstreichen auch mehrere gemeinsame Anträge der Fraktionen.

Wir Grüne wollen weiterhin gemeinsam und konstruktiv nach nachhaltigen Lösungswegen suchen und diese gestalten.

Unsere Ziele für das nächste Jahr:

  • einen fiktiv ausgeglichenen Haushalt 2023 zu erreichen und zukünftig ein Haushaltssicherungskonzept zu vermeiden,
  • Hebesätze bei Gewerbe- und Grundsteuern 2023 nicht zu erhöhen, aber dieses Versprechen können wir für die nächsten Jahre derzeit nicht abgeben,
  • finanzielle Risiken müssen – trotz aller Unwägbarkeiten – beherrschbar bleiben (Risikovorsorge in Bezug auf Energie- und Baupreise, Flüchtlingsunterkünfte, Priorisierung von Investitionen),
  • unsere strategische Haushaltskonsolidierung (Aufgabenkritik) konsequent weiter voranzutreiben und
  • in Bildung (Grundschulen, Gesamtschule, Kitas, Extra Klasse: 7500 €) und Klimaschutz (Wasserschutz, regenerative Energien, ÖPNV, Artenschutz, Schutz des Teutoburger Waldes, Ressourcenschonung, Kalkkonversion) gezielt und nachhaltig zu investieren.

Uns Grünen ist außerdem wichtig, konstruktive Kooperationen im sozialen Bereich zu fördern.

So brauchen wir eine enge Kooperation mit Wohlfahrtspflege, privaten Initiativen und auch ehrenamtlichem Engagement, um die auf uns zukommenden sozialen Herausforderungen gemeinsam und solidarisch zu bewältigen (Schulen, Jugendbeirat, Integrationsbeirat, Inklusionsbeirat, Flüchtlingshilfe, Tafel, Sportvereine, Lernen und Fördern, Extra Klasse, Verein für Würde und Gerechtigkeit, Sozialkaufhaus, Begegnungszentrum für Ausländer und Deutsche …). Gerade die zahlreichen Vereine, Verbände und Initiativen sind ein Pfund für unsere Kommune. Man muss sich nur vorstellen, was es bedeuten würde, wenn sie wegfallen würden.

Für eine solche produktive Zusammenarbeit braucht es eine regelmäßige Kontaktaufnahme bzw. Vernetzung (Strukturen) und Zuhören, ohne gleich wieder aufzuzählen, was alles nicht geht. Wenn dafür die Schaffung der neuen Stelle im FD 50 – im Sinne einer Koordinationsstelle für das Gesamtsystem „freie Wohlfahrtspflege“ – auch genutzt wird, halten wir das wir für eine nachhaltige Investition. Durch eine professionelle und koordinierte Vorgehensweise könnten Doppelstrukturen vermieden und freie Träger mehr unterstützt bzw. einbezogen werden.Und außerdem hoffen wir, dass die Sozialraumanalyse uns Ergebnisse anbietet, um bestehende Konflikte zu lösen, und uns notwendige Angebote für Kinder und Jugendliche aufzeigt.

Diese konstruktive Kooperation und Offenheit sollte auch bei den folgenden Herausforderungen im Vordergrund stehen:

  • bei der notwendigen Raumsuche an der Grundschule Stadt: wir Grüne befürworten eine schnellstmögliche Nutzung der Räume der MES,
  • bei der Entwicklung von Perspektiven für die Infrastruktur und Nahversorgung im Ortsteil Hohne mit Beteiligung der BürgerInnen,
  • bei der Gestaltung einer zukunftsfähigen Integration für Lengerich unter Beteiligung vielfältiger AkteurInnen,
  • bei der gleichwertigen Versorgung mit Schulessen an Gesamtschule und HAG und letztlich auch für alle Grundschulen: wir Grüne wollen ein gesundes und schmackhaftes Essen für alle Kinder,
  • bei der zeitnahen Suche nach einem zukünftigen Ort für den Markt,
  • bei der Gestaltung einer nachhaltigen Infrastruktur am und zum Canyon (Mobilitäts-, Tourismus- und Landschaftsparkkonzept zusammenführen),
  • bei Festlegungen in den Bebauungsplänen im Sinne von Klima-/Wasserschutz (Anträge) und
  • bei der Entscheidung über die Gestaltung von Feuerwehrhaus und Feuerwehrplatz.

Wir werden 2025/2026 eine neue Feuerwehrwache bauen. Und damit steht jetzt schon die Frage im Raum, was machen wir mit dem alten Feuerwehrhaus und dem Platz dahinter? Das Ensemble stellt ein innerstädtisches Filetstück dar, und wir sollten es wohl überlegt gestalten. Dieser Komplex ist eine Investition mit Weitblick wert (s. Gempthalle). Denn abreißen kann jeder! Aber wie können wir aus diesem Ensemble ein Erlebnisort gestalten, der Begegnung, Aufenthalt und Kaufkraft verbindet? Gerade im Baugewerbe gibt es noch einen zu großen Ressourcenverbrauch. Denn es mangelt an kreativen Sanierungswillen. Wir Grüne wollen uns dafür einsetzen, gemeinsam eine nachhaltige und zukunftsfähige Gestaltung für dieses Ensemble zu finden.

    Dieser Haushalt erzeugt mit seinen finanziellen Aussichten keine Glücksgefühle, aber er hält uns auch nicht den Untergang vor Augen, sondern gibt uns auch kreative Aufgaben für die Zukunft unserer Stadt.

    In der WN wurden nach Befragungen von Menschen aus dem Kreis das Fazit gezogen: „Das Glück wohnt im Münsterland!“ (WN 12.11.22). Wir Grüne haben die Zuversicht, dass das Glück auch in Lengerich seine Heimat hat und weiterhin finden wird, wenn wir gemeinsam uns auf den Weg machen.

    Wir Grüne stimmen diesem Haushalt zu.

    Anne Engelhardt, Fraktionsvorsitzende