Antrag: Umbenennung der „Karl-Wagenfeld- Straße“


Sehr geehrter Herr Bürgermeister und sehr geehrte Ratsmitglieder,

hiermit beantragt die Ratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen die Umbenennung der „Karl-Wagenfeld-Straße“.

Begründung:

Karl Wagenfeld, geboren am 05.04.1869 in Lüdinghausen, gestorben am 19.12.1939 in Münster, war ein westfälischer Literat und Publizist. Als Gründer der westfälischen Heimatbewegung galt er als Hüter der plattdeutschen Mundart. Er verfasste Gedichte, Erzählungen und Bühnenwerke und erhielt 1929 die Ehrendoktorwürde der Universität Münster und 1939 den Westfälischen Literaturpreis. Aufgrund dieses Schaffens wurde er in vielen westfälischen Städten mit einer Namensgebung für Straßen, Plätze und Schulen geehrt.

Und er war Sympathisant der nationalsozialistischen Ideologie, beteiligte sich aktiv als Propagandist und vertrat ein rassistisches und fremdenfeindliches Menschenbild.

Als Heimatforscher war für ihn die Frage der Heimat eine „Rassenfrage“. Er hat zum Schutz des „Stammes- und Blutserbes der Väter“ gegenüber „Fremdrassigen“ aufgerufen und stellte dem „Rassengemisch der Großstadt“ den „blonden Niederdeutschen entgegen.“  Er vertrat die Eugenik, die später  den Nationalsozialisten  als Rechtfertigung für die „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ diente.

Gegner seiner Heimatbewegung sah Wagenfeld als „Lumpen“, die des „Glücks der Heimat nicht wert“ sind. Gegen diese „Lumpen“ gäbe es „nur Kampf, Kampf bis zum sieghaften Ende.“

Nach der Machtergreifung der NSDAP erklärte Wagenfeld, dass sich der Heimatbund nicht umstellen müsse, da „seine Arbeit stets im Sinne des neuen Reiches gewesen ist.“

Wagenfeld war Mitglied der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt und trat 1933 in die NSDAP ein. Für seine Beiträge zur NS-Rassenideologie wurde er von den Nationalsozialisten mehrfach geehrt und finanziell gefördert.

Wagenfeld war kein Opfer nationalsozialistischer Propaganda, sondern Teil eben dieser. Schon lange vor dem Aufstieg der Nationalsozialisten vertrat er ihre rassistischen Ideologien.

Die Münsteraner Kommission „Straßennamen“ schrieb 2011, dass „Wagenfeld sich aus voller Überzeugung, nicht aus opportunistischen Gründen, dem NS-Regime angedient hat. Auf seine Arbeit vor 1933 konnte die nationalsozialistische Ideologie aufbauen.“

Der bestehende Straßenname zu Ehren von Karl Wagenfeld ist aus heutiger Sicht verbunden mit unseren heutigen Werten und Moralvorstellungen und auf dem Hintergrund unserer nationalsozialistischen Geschichte nicht mehr zu vertreten.

In vielen westfälischen Kommunen, darunter Arnsberg, Burgsteinfurt, Emsdetten, Ibbenbüren, Lünen, Metelen, Neuenkirchen, Ostbevern, Ochtrup, Paderborn, Rheine Mesum und Telgte wurden die Karl-Wagenfeld oder Wagenfeld Straßen bereits umbenannt.

Lengerich sollte als eine weltoffene, tolerante und bunte Stadt mit Weitblick folgen und durch Umbenennung der Karl-Wagenfeld Straße dafür sorgen, dass Persönlichkeiten geprägt von nationalsozialistischen Ideologien nicht weiter durch Straßennamen geehrt werden.

Schon 2013 hat der Rat drei fragwürdige Straßennamen umbenannt. Damals wurde die Umbenennung der Karl-Wagenfeld Straße nicht weiter verfolgt, weil dieser schon 1939 gestorben sei. Bündnis 90/Die Grünen meinen aber, dass es für eine solche propagierte und aufgrund seiner damaligen Popularität öffentlich wirksamen nationalsozialistischen Einstellung von Karl Wagenfeld, wie oben beschrieben, keine Ehrung durch einen Straßennamen geben sollte.

Wir halten es für notwendig, die Anlieger*innen der Karl-Wagenfeld-Straße in die Diskussion miteinzubeziehen. In einer Anliegerversammlung – soweit die Corona-Situation es zulässt – könnten die Gründe für eine Umbenennung erklärt, diskutiert und Alternativvorschläge seitens der Anlieger*innen aufgenommen werden.

Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Stadt Lengerich

Anne Engelhardt