Die Corona-Pandemie – ein weiterer Anstoß für nachhaltiges Handeln und zum Umdenken!
Die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, dass wir längst nicht alles im Griff haben. Ein unbedenkliches „Weiter So“ geht nicht mehr.
Ebenso wird „Auf Sicht fahren!“ nicht das multiple Krisengeschehen in unserer Welt, das ja nicht einfach vom Himmel gefallen ist, in die Schranken weisen können.
„Resilienz“ ist auch in Mode, die Stärkung unserer Fähigkeiten, mit Krisen umzugehen. Aber damit tun wir nichts gegen die Ursachen, sondern das führt nur dazu, Krisen besser auszuhalten, die sich als fortschreitende Zerstörungsprozesse herausgestellt haben:
Klimawandel, Artensterben, Finanzkrisen und Viren sind nur einige davon. Ein „Weiter So“ oder ein auf „Sicht fahren“, in dem Mensch und Natur nur unter Profitgesichtspunkten behandelt werden, darf es nicht geben!
Wir Grüne wollen ein Umdenken, was wir brauchen, sind konzeptionelles Investieren, qualitatives Wachstum und die viel strapazierte Nachhaltigkeit. Das bedeutet ein Handeln aus ökologischen und sozialen Werten, nicht fraglos auf die gewohnten Lösungen zu setzen, sondern neue Konzepte für eine lebenswerte Zukunft für Mensch und Natur gestalten.
Was bedeutet das für den vorliegenden Haushalt und die zukünftigen Jahre?
- Unsere finanzielle Situation:
- Da wir durch die Ausgleichsrücklage einen nur fiktiv ausgeglichenen Haushalt 2021 haben und bis 2024 haben werden, reduziert sich diese von 10,7 Mio € 2020 auf 2 Mio € 2024;
- die bis 2024 sich anhäufenden Corona-bedingten Finanzschäden werden als eine „Luftbuchung“ im Ergebnisplan erst ab 2024 mit ca. 6 Mio € wirksam, aber im Finanzplan schlagen sie schon jetzt massiv durch;
- unsere Liquidität sinkt um 5,3 Mio €;
- unsere Nettoneuverschuldung steigt auf 15,1 Mio. €;
- bis 2024 werden wir 41,1 Mio € Kredite für Investitionen aufnehmen müssen.
- Die pro Kopfverschuldung steigt durch diese Kreditaufnahmen von 606 € im Jahr 2020 auf 2019 € im Jahr 2023! Das ist mehr als das Dreifache in drei Jahren!
Das heißt im Klartext:
wir verschulden uns immer mehr! Wir wirtschaften immer mehr auf Kosten zukünftiger Generationen. Das hat nichts mit Nachhaltigkeit zu tun.
Einiges können wir kaum ändern wie z.B. die Transferkosten oder die Corona-bedingten Finanzschäden. Und anderes wiederum wird vom Bund, Land und Kreis auf uns abgewälzt, ohne die nötige finanzielle Ausstattung dafür bereitzustellen. Dass der Kreis z.B. die uns zustehenden 600.000 € aus der Bundespauschale für Kosten von Unterkunft und Heizung nicht weiterleitet, ist ein Skandal! Wir setzen uns über unsere Grüne Kreistagsfraktion dafür ein, dieses Geld einzufordern und auch die Subventionierung des FMO auf Kosten der Kommunen zu beenden. Schon heute wird jeder Arbeitsplatz des FMO mit über 30.000 € pro Jahr aus kommunalen Finanzmitteln subventioniert. Und dann spricht Frau Karliczek von einem „Nachhaltigkeitsprojekt“. Ja, in einem missbräuchlichen Sinne ist der FMO nachhaltig, nämlich was Kosten und klimaschädliche Kurzstreckenflüge betrifft.
Und wir können nachhaltig wirtschaften:
- indem wir systematisch alle Fördertöpfe ausschöpfen. Die Verwaltung muss umgehend – auch wenn die halbe Stelle für das Fördermittelmanagement noch nicht besetzt ist – die von uns schon im Dezember beantragten Förderungen prüfen und Anträge stellen, denn die Zeit drängt!
- indem wir jede anstehende Investition und jede neue Maßnahme aufihreBerechtigungfür die Zukunft, ihren finanziellen Umfang, ihren Umsetzungszeitpunkt, ihre Gestaltung und auf mögliche kreisweite Synergieeffekte überprüfen. Deswegen haben wir für den HH 2021 Sperrvermerke beantragt, damit schon eingestellte Maßnahmen mit hohem Kostenaufwand nicht ohne eventuelle Förderung, Konzept und politischer Debatte durchgeführt werden.
- indem wir vorhandene Strukturen überprüfen, wie z.B. die Notwendigkeit der LGE. Wir meinen, dass wir diese nicht mehr brauchen und ohne sie Geld und Zeit für wichtigere Aufgaben sparen!
2. Nachhaltigkeit, Bürgerbeteiligung und Stadtentwicklung:
Wir haben seit 2017 ein Integriertes Stadtentwicklungskonzept (ISEK), wir haben seit 2016 ein Klimaschutzkonzept – das ist gut und wichtig für eine zielgerichtete nachhaltige Entwicklung unserer Stadt. Aber wir müssen diese Konzepte viel mehr in die tägliche Arbeit der Politik und der Verwaltung einbinden und in die Öffentlichkeit tragen. Wir brauchen mehr Kommunikation, mehr Austausch zu den laufenden und zukünftigen Maßnahmen aus dem ISEK und aus dem Klimaschutzkonzept – und zwar in der Öffentlichkeit und auch in der Politik. Das sind unsere „Kochrezepte“ für eine nachhaltige Stadtentwicklung – und zudem teuer bezahlte. Es ist notwendig, sich mit diesen Konzepten immer wieder auseinanderzusetzen, sie anzupassen und mit Überzeugung dafür zu werben.
In der Stadtplanung bedeutet für uns Nachhaltigkeit, weder für Gewerbe noch für ein neues Wohngebiet den Südring zu überschreiten, das würde weitere Flächenversiegelung bedeuten. Zukunftsweisend sind dagegen das Projekt „Jung kauft Alt“, Nachverdichtung und alternativer Wohnungsbau.
Soz.B.für das Baugebiet Ackerstraße. Mehrfamilien- bzw. Mehrgenerationenhäuser und ein sogenanntes kaltes Nahwärmeprojekt – wie es in Hagen mit der SWL geplant ist – halten wir für eine nachhaltige Bebauung.
Ein Umdenken in der Stadtplanung – wie der Bürgermeister es in seiner Haushaltsrede zurecht einfordert und auf Anfrage von uns konkretisiert hat – bedeutet für uns nicht, ein neues Baugebiet für neue einkommensstarke Bürger*innen aufzumachen.
Stattdessen brauchen wir eine lebendige Innenstadt mit viel Grün, Begegnungsräumen, kleinen Geschäften und einem attraktiven Markt.
3. Nachhaltigkeit und Verkehrsplanung:
In unserem Haushalt ist für ein Mobilitätskonzept keine Summe eingestellt. Das heißt, es kann nur spontan auf einen Bedarf reagiert werden. Wir sollten uns schleunigst um ein Mobilitätskonzept und Fördermöglichkeiten kümmern, um auf der Basis eines Gesamtkonzepts eine nachhaltige Verkehrswende inklusive notwendiger Parkräume zu gestalten.
Der Canyon hat sich zu einem Besucher-Magnet für Tagesausflügler entwickelt, was zu einer großen Verkehrsbelastung für die Anlieger in diesem Bereich geführt hat. Diese Belastungen können wir aber grundsätzlich nur reduzieren, wenn wir ein Infrastrukturkonzept für Tourismus und Verkehr am Canyon entwickeln. 50.000 € für ein Mobilitäts- und Tourismuskonzept zu investieren ist nachhaltiger, als nur kurzfristige Lösungen anzubieten.
4. Nachhaltigkeit und Soziales
Es gibt immer wieder Konflikte zwischen Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen und Anliegern auf bestimmten Schulplätzen. Deswegen haben wir gemeinsam eine Sozialraumanalyse beschlossen, um daraus gezielte Maßnahmen abzuleiten und nicht überstürzt eine Videoüberwachung zu installieren. Es wäre zu prüfen, ob sich aus der Verbindung von Sozialraumanalyse mit der Erstellung eines Integrationskonzeptes finanzielle und inhaltliche Synergieeffekte ergeben.
5. Nachhaltigkeit und Wirtschaftsförderung
Einzelhandel und Gastronomie leiden sehr durch die Lockdowns und sind extrem bedroht. Wir können das Online-Shoppen nicht aufhalten, aber neue Trends wie die steigende Beliebtheit kleinerer Ladengeschäfte unterstützen.
Deswegen ist das Förderprogramm zur Anmietung von Geschäftsräumen so wichtig für Lengerich. Die Inhaber von Geschäftsräumen sind aufgefordert, dabei mitzumachen, denn auch sie sind mitverantwortlich für eine zukunftsfähige Entwicklung unserer Stadt.
Fazit:
Unser Grünes Augenmerk liegt im Haushalt 2021 und für die nächsten Jahre auf einem konzeptionellem nachhaltigem Wirtschaften, Gestalten mit hoher Bürgerbeteiligung und mit einer ökologischen und sozialen Werteausrichtung.
Wir sind bereit, mit allen politisch Verantwortlichen im Rat der Stadt Lengerich, der Verwaltung und mit allen interessierten Bürger*innen konstruktiv zusammenzuarbeiten, um gemeinsam eine nachhaltige Entwicklung von Lengerich voranzutreiben. Dabei sollte uns das Wahljahr 2021 nicht von sachlicher Arbeit abbringen.
Wir danken der Verwaltung und dem Bürgermeister für ihre/seine Arbeit und Kooperation.
Wir werden dem Haushaltsentwurf nicht ohne Sorgen zustimmen!