Haushaltsrede für das Jahr 2022

HAUSHALTSREDE DER FRAKTIONSVORSITZENDEN

ANNE ENGELHARDT FÜR DAS JAHR 2022

im Rat der Stadt Lengerich

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Ratsmitglieder und Zuhörer*innen!

Wir leben in Zeiten von Krisen. Ob wir über Klimawandel, Finanzkrisen oder auch über Corona sprechen, wir sitzen auch als Lengericher*innen mit in diesem Globalisierungs-Boot oder anders ausgedrückt: wir leben mitten in diesem fragilen globalen Kartenhaus – und brauchen Stabilität und Vorsorge.

Was können wir hier in Lengerich tun, um unseren Anteil zu mehr Stabilität und Vorsorge beizutragen?

Der Lengericher Haushalt 2022 mit der Planungsperspektive bis zum Jahr 2025 stellt uns grundsätzlich in die Verantwortung, sowohl finanziell als auch sozial nachhaltig zu haushalten, um Lengerichs Zukunft stabil zu gestalten. In diesem Sinne gilt es, deutliche Prioritäten zu setzen. Das gilt vor allem für das Wachstum!

Die scheinbar unumstößliche Basis unserer Gesellschaft ist Wachstum: mehr Investitionen, mehr Förderungen, mehr Konsum, mehr Einwohner*innen, mehr Neubau- und Gewerbegebiete!

Aber welches Wachstum brauchen wir wirklich?

Wir Grüne wollen weg von dem „MEHR“ auf Kosten von Ressourcen, Umwelt und sozialer Gerechtigkeit!

Wir wollen eine stabilisierende, konzeptionelle  Vorsorgepolitik, die Umwelt- und Klimaschutz sowie Generationengerechtigkeit priorisiert.

Diese Priorisierung bedeutet für unseren Haushalt 2022 bis 2025:

1. Wir wollen eine Vorsorgepolitik, die generationengerecht haushaltet!

Der Knackpunkt einer generationengerechten Finanzpolitik ist die zukünftige Entwicklung der Aufwendungen, der Investitionskredite, der Kassenkredite und der finanziellen Ausstattung durch Kreis, Land und Bund.

                                               

Bis 2025 haben wir ein Investitionsvolumen von ca. 40 Mio € erreicht. Die damit verbundenen Tilgungen plus Defizite im Ergebnishaushalt (strukturelles Defizit) haben 2025 nach der bisherigen Planung zur Folge, dass wir Kassenkredite aufnehmen müssen, um unsere Investitionskredite zu tilgen.

Das heißt, wir gehen sehenden Auges in eine rechtswidrige, defizitäre Finanzlage.

Ja, endlich stellen wir uns jetzt der von uns Grünen schon in der Haushaltsrede zum HH 2019 geforderten Aufgabenkritik der konsumtiven Aufwendungen.

Wir unterstützen dieses Vorhaben. Wir müssen dringend unsere Aufwendungen verringern, und wir müssen Investitionen priorisieren. Aber die Entscheidungen über die sich daraus ergebenen Kürzungen und Verlagerungen müssen sich zwingend an einer generationengerechten Finanzpolitik und sozialpolitischen Vorsorge orientieren.

Auch brauchen wir eine Priorisierung von Investitionen, die sich aus einem konzeptionellen Zusammenhang sinnvoll ergeben. Denn nicht jede mögliche Förderung rechtfertigt eine Investition! Neben den nachhaltigen großen Investitionen in die Schulen gibt es auch andere, die wir so uneingeschränkt nicht unterstützen können. Das ist z.B. die Machbarkeitsstudie für die Hohner Fußgängerbrücke von 85.000 €, der Ausbau des Stadionvorplatzes für insgesamt ca. 685.000 € und der Ausbau des Parkplatzes Canyon für 50.000 €.

Wir beantragen für diese drei Vorhaben Sperrvermerke. Denn bevor wir 2022 eine Machbarkeitsstudie für 85.000 € in Auftrag geben und den Parkplatz am Canyon 2023 errichten, sollten wir das Mobilitätskonzept (geplant 2023) abwarten. Nur ein Mobilitätskonzept kann verdeutlichen, welche Investitionen für eine nachhaltige Mobilität für Lengerich und besonders für Hohne sinnvoll sind. 

Für den Stadionvorplatz wollen wir eine neue Kostenberechnung in Bezug auf andere Ausbaustandards bzw. einer Flächenreduzierung und/oder höhere Drittleistungen mit dem Ziel, die Kosten für die Stadt deutlich zu senken. 

Noch etwas Grundsätzliches: wir alle müssen endlich parteiübergreifend beim Kreis, Land und Bund mehr Druck für eine auskömmliche Finanzierung unserer Aufgaben machen. Es kann nicht sein, dass vermehrt über Fördertöpfe

Investitionen finanziert werden, sondern die Kommunen, und da besonders die kreisangehörigen, brauchen eine solide und verlässliche Finanzausstattung. Nur so können wir eine Politik mit Weitblick betreiben, die nicht in Überschuldung endet und damit folgende Generationen belastet.

                                                          

2. Wir wollen eine Vorsorgepolitik, die sich an Umwelt- und Klimaschutz  

orientiert.

Wir werden einen weiteren Flächenverbrauch für neue Gewerbe- oder Neubaugebiete streng an diesen Kriterien orientieren. 

Wir wollen die E-Mobilität durch eine Ladeinfrastruktur in Lengerich fördern

und das Radwegenetz in Lengerich verbessern (Mobilitätskonzept/SWL).

Wir wollen mehr PV-Anlagen auf die Dächer bringen. Dafür müssen wir baurechtliche Vorkehrungen für Neubauten treffen.

Wir wollen unseren Bahnhof attraktiver gestalten (2022: 470.000 €/ Fördermaßnahme).

Wir werden uns weiterhin für den Erhalt des Teutoburger Waldes einsetzen.

Wir unterstützen die Verwaltung, die Stelle unserer Klimaschutzmanagerin zu erhalten, obwohl die Förderung 2023 ausläuft.

Die klimarelevanten Auswirkungen von politischen Entscheidungen müssen konsequenter als bislang reflektiert werden, und dazu muss verstärkt die fachliche Begleitung durch unsere Klimaschutzfachkraft einbezogen werden.

3. Wir wollen eine Vorsorgepolitik, die Lengerichs Einwohnerzahl stabilisiert und die für alle Einwohner*innen Lengerich attraktiver sowie konfliktfreier gestaltet.

Es zeigt sich auch bei uns der demografische Wandel darin, dass die jungen Menschen im Verhältnis zu den Älteren weniger werden.

Darum müssen wir verstärkt unsere Stadt für Kinder und Jugendliche attraktiver gestalten.

Da sind eine Pumptrack, ein Jugendzentrum, ein Jugendbeirat, viele Vereine mit einer hervorragenden Jugendarbeit  und ein neues Soccerfeld an der Gesamtschule sinnvolle Maßnahmen. Es braucht aber darüber hinaus auch seitens der Verwaltung und der Politik eine Kommunikation, die sich auf mehr Zuhören und mehr Zeit für Kinder und Jugendliche konzentriert.

Das Leben mit Jugendlichen ist nicht immer spannungsfrei. Deshalb halten wir Mediationsprozesse, Spielleitplanung und Sozialraumanalyse für wichtig, um Lengerich für Jugendliche und mit Jugendlichen spannungsfreier und lebendiger zu gestalten.

Die Sozialraumanalyse muss 2022 durchgeführt werden, sowie 2023 die Spielleitplanung.

Integration und Inklusion sind für die soziale Stabilität und Attraktivität unserer Stadt wesentliche Faktoren. Deswegen begrüßen wir es sehr, dass unser Antrag zur Integrationsarbeit einstimmig angenommen wurde.

Auch der von allen Ratsfraktionen gemeinsam beschlossene Antrag zur Barrierefreiheit im Lengericher Hallenbad zeigt, dass Teilhabegerechtigkeit in Zukunft ein wichtiger Aspekt in allen Planungsprozessen sein muss!                                                        

Weiterhin gilt es in Zeiten des Fachkräftemangels, für die Vorzüge eines Standortes zu werben. Das Projekt „Gesundheitsregion Münsterland“ verdeutlicht, dass wir das Problem des Fachkräftemangels nur gemeinsam als Region angehen können. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Lösungsansätze des Modellprojekts, wie z.B. eine abgestimmte interkommunale Marketingstrategie, für die wirtschaftliche Entwicklung Lengerichs aufgegriffen und umgesetzt werden.                                                                

Das ISEK ist ein wunderbares Konzept für unsere Innenstadt, aber wir sollten darüber nicht andere Stadtteile von Lengerich vergessen.

Wir wollen  Stadtteilfördermaßnahmen z.B. für Hohne, in denen das Gespräch mit den Akteuren vor Ort über eine nachhaltige Entwicklung gesucht wird und Ideen gesammelt werden. Wir werden dafür eine Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung anstoßen.

Unser Ansatz einer stabilisierenden, konzeptionellen Vorsorgepolitik, die Generationengerechtigkeit sowie Umwelt- und Klimaschutz

priorisiert, kann Vertrauen in die Zukunft schaffen.

Wenn dieser Ansatz zu mehr Vertrauen in die Zukunft beitragen könnte, wäre er in der heutigen Krisenzeit das schönste Weihnachtsgeschenk!

Wir bedanken uns bei der Verwaltung für ihre Arbeit und die umfangreiche Unterstützung.

Wir, Bündnis 90/Die Grünen, stimmen – mit Vertrauen in die Zukunft – dem Haushalt zu .

                                                      

Bündnis 90/Die Grünen beantragen folgende Änderungsanträge:

  1. Sperrvermerk für die Investitionsmaßnahme Parkplatz Canyon 2023 50.000 €

Die Errichtung eines Parkplatzes am Canyon wird mit einem Sperrvermerk versehen, solange die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit dieses Parkplatzes nicht durch das Tourismus- und Mobilitätskonzept belegt ist.

  • Sperrvermerk für die Investitionsmaßnahme Ausbau Parkplatz Stadion Münsterstraße 2022 365.000 € und 2023 320.000 €

Der Ausbau des Stadionvorplatzes wird mit einem Sperrvermerk versehen bis eine neue Kostenberechnung in Bezug auf niedrigerer Ausbaustandards bzw. einer Reduzierung der Ausbaufläche oder/und höhere Drittleistungen vorliegt und somit die Ausbaukosten für die Stadt deutlich gesenkt werden.

  • Sperrvermerk für die Investitionsmaßnahme Fußgängerbrücke Hohne Machbarkeitsstudie 2022 85.000 €

Die Machbarkeitsstudie für die Fußgängerbrücke Hohne wird mit einem Sperrvermerk versehen bis über das Mobilitätskonzept belegt ist, dass diese Fußgängerbrücke sinnvoll für die Nahmobilität ist.